Text zum Werk
Beispielhaft zeigt die Weinende Frau Barlachs Streben nach Vereinfachung und Monumentalisierung. Mit ihrer bemerkenswert abstrakten und geometrischen Formgebung gehört sie zu den kühnsten Schöpfungen des Bildhauers.
Der tiefe keilförmige Einschnitt in der Körpermitte bestimmt den Gesamteindruck. Er lässt die Figur fragil und verletzt wirken. Ober- und Unterkörper bilden scharfkantige Blöcke, weich hingegen sind die Wölbung des Bauchs und der Schwung der Rückenlinie. Die drastische Darstellung vermittelt einen emotionalen Ausnahmezustand.
Der Bildhauer vollendete die expressive Holzskulptur 1923. Bereits 1906, auf seiner Russlandreise, skizzierte er eine Frauenfigur mit einer ähnlichen Unterschneidung in der Leibesmitte. 1918 tauchte sie erneut in einer Zeichnung auf, die später zur Vorlage für den Holzschnitt Der Untergang wurde. Es ist typisch für Barlach, dass er für seine Skulpturen auch viele Jahre zuvor entstandene Zeichnungen nutzte.
Die Wiederaufnahme des Motivs der Weinenden Frau fiel in eine für den Künstler kritische Lebensphase: er litt unter Depressionen und einer chronischen Herzkrankheit; außerdem verliebte er sich glücklos in eine verheiratete Frau.
Barlach hat die Weinende Frau mit Wachs, Pigmenten und Harzen dunkel getönt. Sie ist aus miteinander verleimten Lindenholzblöcken gearbeitet. Bei genauerer Betrachtung der Oberfläche lassen sich die Blockkanten noch gut erkennen; zum Teil haben sich die Spalten im Laufe der Zeit verbreitert.
Werkdaten
Titel | Weinende Frau |
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Datierung | 1923 |
Reihe, Serie | – |
Material, Technik | Holz (Linde) mit getöntem Überzug |
MAßE | 76 x 21 x 26 cm |
Signatur | Auf der Plinthe rechts: E Barlach 1923 |
Bezeichnung | Auf der Unterseite (blauer Filzstift): K8 |
Sammlungsbereich | Skulptur und Plastik |
Inventar-Nr. | P 2015/002 |
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Werkverzeichnis | Laur II 0364 |
Bemerkung | – |
Auflage | – |
Erwerbung | Als Zustiftung aus Privatbesitz, am 8.7.2015 |
Provenienz |
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Creditline | © Ernst Barlach Haus – Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg; Foto: Andreas Weiss |