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Drei singende Frauen

1911

Text zum Werk

Drei Frauen sitzen Rücken an Rücken auf einem Erdhügel, blicken in die Landschaft und entspannen sich beim gemeinsamen Singen.

Während viele von Barlachs Skulpturen auf nur eine Hauptansicht hin ausgerichtet sind, bietet diese allseitig durchgebildete Plastik mehrere Ansichten und lädt so zum Umrunden ein.

Trotz der kompakten Komposition öffnet sich die Gruppe in den Raum, denn jede der Frauen lässt ihre Stimme in eine andere Richtung erschallen. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie der mehrstimmige Gesang die Luft erfüllt und eine Art immateriellen Raum um die Gruppe formt. Zwar hatte Barlach nach eigenem Bekunden die Figuren als Klageweiber konzipiert, die durch ihren Gesang ihrer Trauer Ausdruck verleihen, doch könnte man sich ebenso ein fröhliches Lied vorstellen.

Die Skulptur hat einen dramatischen Weg hinter sich: Noch im Entstehungsjahr 1911 wurde sie durch Barlachs Galeristen Paul Cassirer erworben, der ihr, wie Barlach notierte, einen besonders guten Platz in seiner Berliner Wohnung gönnte. Nach Cassirers Tod 1926 ging sie in den Besitz von dessen Nachfolger Walter Feilchenfeldt über. Als die jüdische Familie 1939 aus Deutschland emigrieren musste, wurde ihr Umzugsgut von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und versteigert. Durch einen Berliner Käufer wurde das Werk zwar vorerst gerettet, aber 1945 beschädigten russische Soldaten die Skulptur so schwer, dass sie aufwendig restauriert werden musste. Bereits Ende der 1940er Jahre stellten die jüdischen Vorbesitzer einen Antrag auf Rückgabe des ihnen geraubten Objekts, man einigte sich in einem Vergleich. Mitte der 1950er Jahre wurde die Skulptur an Kurt Hermann Grunebaum in New York verkauft. Der aus Deutschland emigrierte Investmentbanker und begeisterte Expressionismus-Sammler gab den Singenden Frauen fast 20 Jahre lang ein Zuhause. 1976 konnte das Ernst Barlach Haus die Skulptur von Herrn Grunebaum erwerben.

Werkdaten

Titel Drei singende Frauen
Datierung 1911
Reihe, Serie
Material, Technik Holz (Eiche) mit getöntem Überzug
MAßE 54 x 70,2 x 50,1 cm
Signatur Rückseitig auf der Plinthe: E Barlach / 1911
Bezeichnung Unterseite Fragment Klebeetikett: No. 14452 / Barlach / Sing(...)de Frau(...) [Etikett Paul Cassirer, Berlin]
Sammlungsbereich Skulptur und Plastik
Inventar-Nr. P 1976/001
Werkverzeichnis Laur II 0164
Bemerkung
Auflage
Erwerbung Von Kurt H. Grunebaum, Harrison/ New York, im Februar 1976
Provenienz
  • 1911 Paul Cassirer, Berlin
  • 1926 Suse Paret, Berlin
  • 1926 Dr. Leopold Feilchenfeldt, Berlin
  • 1926-1933 Leihgabe Feilchenfeldts an das Museum Moritzburg, Halle
  • 1935-1938 Galerie Alex Vömel, Düsseldorf, in Kommission aus Privatbesitz
  • 1939 [?] in Vorbereitung seiner Emigration Einlagerung des Kunstbesitzes Feilchenfeldts bei Fa. Robert Haberling & Co., Berlin
  • 1942 Beschlagnahmung und Enteignung des Kunstgutes durch die Oberfinanzdirektion Berlin, Sammellager »Erdmannshof« und Auktionsstelle unter Obersteuersekretär Korge, Berlin
  • 1943 Kunsthandlung Hans W. Lange, Berlin
  • 1943 Slg. Hans Harmsen, Hamburg
  • 1948 Restitutionsanspruch durch Walter Feilchenfeldt, Zürich (1960 Ausgleichszahlung durch Hans Harmsen und Löschung des Anspruchs)
  • 1955 Galerie Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf, Verkaufsvermittlung Dr. Müller-Feldmann, Hamburg
  • 1955 [?] Kurt H. Grunebaum, Harrison/New York, USA
Creditline © Ernst Barlach Haus – Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg; Foto: Andreas Weiss