Text zum Werk
Ein halbnackter, in einen ärmellosen Umhang gehüllter Mann steht mit auseinander gestellten Beinen fest auf der Erde und wendet sich in einer empfangsbereiten Haltung zum Himmel. Die an den Körper gelegten Arme sind angewinkelt, die Hände mit den schräg nach oben weisenden Flächen in einer Gebetshaltung zur Schulterhöhe gehoben.
In Erwartung einer Inspiration ist das breite, lebendig modellierte Gesicht, das von den Wellen des vollen Haares und des Bartes gerahmt wird, nach oben gerichtet. Die plastische Konzeption dieser Figur geht zurück auf die biblische Gestalt des Simson, mit der sich Barlach in zwei Zeichnungen von 1910/11 befasste. Das Alte Testament schildert Simson als gottgeweihten, mit übermenschlichen Kräften ausgestatteten Helden, der seine Beharrlichkeit im Kampf gegen die Philister, die Feinde des israelitischen Volks, mit dem Leben bezahlt.
In der Darstellung des Simson, der mit dem antiken Helden Herakles verglichen wurde, verherrlichten die Künstler seit der Renaissance die Schönheit des nackten, männlichen Körpers, dessen harmonische Bildung die Größe des Geistes und damit das Göttliche im Menschen zum Ausdruck bringen sollte.
Barlachs Darstellung verdeutlicht den expressionistischen Einspruch gegen dieses an der Antike orientierte Menschenbild, das noch weit bis in das 19. Jahrhundert hinein für die bildende Kunst verbindlich und auch für Barlach zu Beginn seiner Dresdner Studienzeit noch vorbildlich war. Im pyramidenförmigen Aufbau des Sonnenanbeters wird die ungegliederte Massigkeit des Körpers betont, dessen sichtbare Schwere in einem markanten Gegensatz zur Entrücktheit des Geistes steht, die sich in der offenen, durch Faltenkurven betonten Haltung und im Gesichtsausdruck artikuliert.
Werkdaten
Titel | Der Sonnenanbeter |
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Datierung | 1910/11 (Guss von 1930) |
Reihe, Serie | – |
Material, Technik | Bronze mit grünlicher Patina |
MAßE | 52 x 29,9 x 20,3 cm |
Signatur | Auf der Plinthe hinten links: E Barlach |
Bezeichnung | Rechts neben der Signatur: 1/10; an der Plinthe links Gießerstempel: H. NOACK / BERLIN FRIEDENAU |
Sammlungsbereich | Skulptur und Plastik |
Inventar-Nr. | P 1990/001 |
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Werkverzeichnis | Laur II 0158, 1) |
Bemerkung | – |
Auflage | Zwei bekannte nummerierte Exemplare 1930, neun nummerierte Exemplare nach 1938 |
Erwerbung | Von Eike Regul und Wolfgang Sander, Bielefeld, am 23.8.1990 |
Provenienz |
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Creditline | © Ernst Barlach Haus – Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg; Foto: Andreas Weiss |