Text about the work
1930 kam die berühmte Schauspielerin Tilla Durieux nach Güstrow. Sie besuchte Barlach in Begleitung des Industriellen und Bankiers Ludwig Katzenellenbogen, den sie wenige Monate zuvor geheiratet hatte. Tilla Durieux war eine aufrichtige Bewunderin des Künstlers, dem sie in den Jahren ihrer Ehe mit Paul Cassirer immer wieder begegnet war. Seit 1910 hatten Paul Cassirer und Tilla Durieux zahlreiche Skulpturen Barlachs in ihrer Wohnung begerbergt und eine Reihe wichtiger Stücke für ihre private Kunstsammlung erworben.
Zu den Werken, die in das Eigentum des Ehepaars Cassirer übergegangen ware, gehörte auch die Holzskulptur Drei singende Frauen, 1911. Diese Gruppe, die Cassirer als eine der ersten Arbeiten Barlachs gekauft hatte, stand in der Vorkriegszeit im Musikzimmer der Schauspielerin, die auch eine begabte Pianistin war. In Erinnerung an ihren vormaligen Kunstbesitz, den sie nach der Trennung von Paul Cassirer hatte aufgeben müssen, wollte Tilla Durieux nun 1930 erneut eine größere Skulptur von Barlach erwerben. Bei ihrem Atelierbesuch kam Barlachs Wunsch zur Sprache, die 1926 für das Beethoven-Denkmal entworfenen Relieffiguren als Holzskulpturen auszuführen. Bereits 1928 hatte Barlach im Gespräch mit dem Kunstprofessor Karl Muggly über die Ausstattung der neuen Musikhalle in Bielefeld die Idee entwickelt, diese figürlichen Entwürfe als zusammenhängende Reihe von Holzskulpturen zu gestalten. Zeichnungen verdeutlichen, dass Barlach dabei eine Aufstellung auf spitz zulaufenden Konsolen in einer durch gotische Bögen gegliederten Wandnische dachte. Tilla Durieux und Ludwig Katzenellenbogen begeisterten sich für den Plan, die zehn Relieffiguren vom Beethoven-Denkmal für das Musikzimmer der Schauspielerin zu erwerben und beauftragten Barlach mit der Ausführung dieses großen Werks. Die erste Figur der Reihe, die der Künstler im Dezember 1930 fertigstellen konnte, war der hagere Wanderer, oder wie Barlach seine Vorstellung später erläuterte, der »...der Hoffende (nämlich auf mühseliger Wanderung durch erhebende Klänge Gebannte)« (Ernst Barlach, Die Briefe, Bd. 4, S. 31). Der Kopf des Wanderers sei »nicht nur so so, ein Selbstporträt«, schrieb Barlach am 20. Januar 1931 in einem Brief an Friedrich Düsel. Zum damaligen Zeitpunkt nannte er die Figurenreihe bereits »Fries der Lauschenden«.
Works data
Title | Der Wanderer |
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Date | 1930 |
Set / Series | Fries der Lauschenden |
Material / Technique | Holz (Eiche) mit getöntem Überzug |
MEASURES | 110,2 x 21,4 x 11,9 cm |
Signature | Am Sockel rechts: E Barlach 1930 |
Labeling | An der Rückseite Fragment Klebeetikett : Knauer, Be(rlin)/ 4..67 / Kunst-Abteilung |
Work group | Sculpture and plastic |
Inventory no. | P 1934/011 |
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WVZ | Laur II 0441 |
Note | – |
Edition | – |
Acquisition | Als Stiftung von Hermann F. Reemtsma, Hamburg, 1962 |
Provenience |
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Photo | © Ernst Barlach Haus – Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg; Foto: Andreas Weiss |